VVK: 25,- € zzgl. Geb.
Das Konzert wird abgesagt!
„Ach Mensch, es ist so schwierig grad. Sogar große Acts die auf sämtlichen Festivals gebucht werden, verkaufen nur wenige Tickets für ihre eigenen Shows. Die Realität ist folgende: Sicherlich hängen noch zu viele Tickets seit mehr als zwei Jahren an Kühlschränken, die zuerst Verwendung finden wollen. Und das verstehe ich nur zu gut. Doch das bedeutet, dass momentan einige Shows die dieses Jahr gebucht wurden, zu wenig Beachtung finden und sehr schlecht besucht werden.
Es war nicht abzusehen, wie lang uns die Pandemie noch begleiten wird. Doch sie ist präsenter denn je. Wir verkaufen nur wenige Tickets für den Herbst und Winter.
Es geht vielen hinter den Kulissen wirtschaftlich gesehen ausgesprochen mies. Dazu schwindet auch mehr und mehr das Selbstwertgefühl. Weil es schon was macht mit uns, wenn auf einmal keiner mehr auf die Konzerte kommt.
Frage: Bleibt das jetzt für immer so? Eine für mich schwierige Frage, die mir zunehmend Bauchschmerzen bereitet. Denn ich brauche die Bühne wirklich, dort finde ich statt. Es geht vielen Musikerkolleg*innen gerade wie mir.
In wenigen Wochen startet meine Tour. Ich freue mich unermesslich darauf und habe irren Bock! Doch muss ich nun 5 Konzerte absagen. Es ist finanziell einfach nicht zu stemmen wenn nicht voraussehbar ist, ob noch Tickets verkauft werden.
Ich hab auf einen Zettel „Realitätscheck“ geschrieben. Hab ihn an meine Pinnwand gehängt und sitze gerade davor und stelle mich der Situation, dass sich vieles für uns geändert hat. Es wird Wege geben, muss es. Wir können nicht mehr so tun, als wäre die momentane Lage eine Ausnahmesituation, durch die wir mit Liebe und Geduld schon durch schlittern werden. Die Ausnahmesituation ist Realität geworden. Und zwar eine traurige, die vielen Musikfans da draußen vielleicht nicht wirklich in diesem Ausmaß bewusst ist… Eure Cäthe“
Cäthe veröffentlicht mit „Chill Out Punk“ im Januar ihr erstes neues Album seit 2015 „Ich war jung und brauchte den Schrei“. So klingt es, wenn die Sängerin und Songwriterin Cäthe über die ersten Jahre ihrer Karriere spricht. Nun ist sie nach langer, erholsamer Pause mit „Chill Out Punk“ zurück, ihrem ersten Album seit „Vagabund“ aus dem Jahr 2015. Es erscheint am 14. Januar auf Cäthes eigenem Label „Träum Weiter! Records“.
Autor: Daniel Koch
Wie wird man eigentlich vom „Vagabund“ zum „Chill Out Punk“? Die Songwriterin und Sängerin Cäthe, die sich nun nach langer Auszeit mit elf Liedern zurückmeldet, beantwortet das so: „Der ‚Punk‘ im Titel bezieht sich natürlich nicht auf die Musikrichtung, sondern eher auf die Rebellion in meinem Herzen. Die trotzdem immer noch besteht und mich ausmacht. Die aber nicht mehr so abgrundtief düster, laut und extrovertiert daherkommt. Ich habe irgendwie in den letzten Jahren meinen Weg gefunden, mit dem umzugehen, was ich bin.“ Dieser Weg sei für sie eine Mischung aus Selbstakzeptanz, gewissen Routinen, die sie erden und das, was einem Punk das größte Grauen ist: Alltag. Den Cäthe auf ihrem Album mit einem trockenen, treffsicheren Humor angeht, der dann eben doch sehr punkig ist. Die Sache mit dem Alltag hat Cäthe dabei in erste Linie ihrem Sohn zu verdanken. Für ihn hat sie die Piano-Ballade „Sonne, Mond und Sterne“ geschrieben–die mit einfachen, kraftvollen Worten die bedingungslose Liebe einer Mutter zu ihrem Kind besingt. Die natürlich auch ein Grund war, warum Cäthe in den letzten Jahren die Mühle des Musikerinnen-Daseins gemieden hat. Cäthes neue Lieder verhandeln die großen Themen Liebe, Leben, Altern, Frausein, Alltag, Ängste auf eine Weise, die einem im deutschen Pop selten begegnet. Frei von Pathos und trotzdem beseelt von großen Gefühlen. Witzig, ohne auf Ha-ha-Reime oder gefeilte Pointen zu setzen. Kämpferisch und in sich ruhend zugleich–womit wir wieder beim Titel „Chill Out Punk“ wären. Das beste Beispiel dafür ist vielleicht die erste Single „Warum darum“. Ein genaues Sezieren einer Beziehung, die nach dem brennenden Intro nun im Alltagbestehen muss. In dem man die Fehler, die Zweifel und die verqueren, von Sexismus durchsetzten Erwartungen der Gesellschaft erdulden muss. Die Problematik mündet in dem wundervollen Refrain: „Und warum muss ich eigentlich mit meiner Therapeutin über deine Minderwertigkeitskomplexe reden? “Die Antwort kommt von einem kleinen Chor im Hintergrund, der trällert: „Warum? Darum!“Cäthe sieht in dem Lied auch Parallelen zu ihrem beruflichen Werdegang und den Dingen, mit denen man sich als selbstbestimmte und selbstständige Künstlerin herumschlagen muss. „Wie oft hatte ich mit Leuten zu tun, die mir sagten, ich müsse so und so sein oder so und so klingen. “Das gäbe sie sich heute einfach nicht mehr. Deshalb passiert bei „Chill Out Punk“ auch alles nach ihren Regeln: „Ich habe inzwischen ein Team um mich, das ich mir ganz genau ausgesucht habe und jetzt auch ein eigenes Label. Wir machen alles, was wir machen können, alleine.“
Ihren musikalischen Partner in Crime für dieses neue Kapitel in ihrer Karriere fand Cäthe bei Andi Fins. Mit ihm produzierte sie „Chill Out Punk“ und spielte den Großteil des Albums ein. Die Arbeitssituation war allein schon pandemiebedingt sehr intim. „Andi hat sein ganzes Equipment im Wohnzimmer aufgebaut und lebte praktisch da.“ Man habe sich dann in sehr intensiven Etappen getroffen und vieles gemeinsam erarbeitet. „Manchmal saß ich in der Küche und feilte an einem Songtext und hörte, wie Andi im Nebenzimmer Dinge ausprobierte. Dann wurde auch schon mal rüber gerufen: ‚Das ist scheiße, lass das!‘ Oder aber ich ließ alles stehen und liegen und kam rüber gesprintet, weil er gerade mit so einer tollen Melodie rummachte.“ In dieser Zeit habe sich das Album auch noch grundlegend verändert, erklärt Cäthe. Diese entspannte Grundstimmung, dieser clevere Groove, die verspielte Instrumentierung, das musikalische Herz von „Chill Out Punk“–all das habe sich erst nach und nach geformt.
So kann Cäthe nun auf ihre Weise gechillt auf eine Karriere schauen, die noch immer viele Menschen berührt und beeindruckt, seit sie 2011mit dem großen Wurf „Ich muss gar nichts“ auf die Bühne sprang. „Diese Album ist ein Geschenk an mein jüngeres Ich“, sagt sie selbst. Sie schenkt sich und ihre Fans damit Songs wie „Orgasmus“, der Sexualität auf eine Weise behandelt, die dem Thema ausgesprochen gut tut. Oder „Voodoo“, der mit dieser Metapher das wundervolle und manchmal schmerzliche Spannungsfeld zwischen zwei Menschen erkundet. Oder das gegen die Depression an musizierende Lied „Der Himmel hängt so tief“. Oder das respektvolle, traurig-schöne Caterina Valente-Cover „Wärst du eine Königin“, das ein starker Schlusspunkt des Albums ist. Nach diesen zehn originalen und dem einen geborgten Lied weiß man jedenfalls: Cäthe ist wieder da. Mit „Chill Out Punk“-Spirit auf Albumlänge und mit einer großen Tour 2022.
Support: Emma Elisabeth
Foto © Tina Lehmann